Die Deutschen sind bekannt für ihre finanzielle Vorsicht und ihre zurückhaltende Natur, insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit. Während diese Eigenschaften durchaus ihre Vorteile haben, führen sie aber auch dazu, dass viele Menschen hierzulande während Krisenzeiten passiv bleiben und Investitionen vermeiden.
Oft hört man dann Sätze wie "Ich habe keine Ahnung, wie das funktioniert" oder "Ich lasse mein Geld lieber auf dem Konto".
Warum ist das eigentlich so?
Bereits in unserer Kindheit lernen wir, dass Geld ein absolutes Tabuthema ist. Doch eben jene kulturelle Zurückhaltung führt dazu, dass wir wenig über finanzielle Angelegenheiten wissen und uns unsicher fühlen, wenn es um Investitionen geht. Denn auch in unseren Schulden oder Universitäten wird oft wenig Wert auf finanzielle Bildung gelegt - mit sehr fatalen Folgen.
Denn mal ganz offen und ehrlich: wer heutzutage 50.000 Euro auf dem Bankkonto rumliegen hat, der verliert bei einer durchschnittlichen Inflationsrate von fünf Prozent über fünf Jahre mal locker 10.000 Euro real an Wert. Das sind satte 20 Prozent und so schnell kann man gar kein neues Geld verlieren, wie das bestehende sprichwörtlich vernichtet wird.
Ohne Wenn und Aber befinden wir uns aktuell in einer Zeit, die von enormer Unsicherheit und einem weltweiten Wandel geprägt ist und genau deshalb neigen viele Sparer und Anleger dazu, sich von Investitionen aus Angst vor Fehlentscheidungen fernzuhalten.
Dabei predige ich gerade in Gesprächen mit Kunden immer wieder, dass man als Anleger in Krisenzeiten immer wie ein Investor agieren sollte und nicht wie ein Spekulant.
Geduld ist nämlich die oberste Tugend des Investors.
Doch mit Geduld ist jetzt keinesfalls gemeint, dass man durch ständiges Verfolgen der Börsen- oder Wirtschaftsnachrichten den optimalen Einstiegszeitpunkt versucht zu analysieren - ganz im Gegenteil.
Wer hätte sich denn beispielsweise vorstellen können, dass der DAX nach den schlimmen Verlusten im letzten Jahr in den letzten Wochen wieder so richtig an Fahrt aufgenommen hat (Stand: 19.05.2023).
Und genau dieses Phänomen ist historisch betrachtet immer wieder zu beobachten, und zwar, dass die Börsen ihre Richtung längst ändern, bevor es die Realwirtschaft tut. Sie laufen der gelebten Welt nicht selten um Monate, manchmal sogar um ein bis zwei Jahre voraus.
Doch nur wer das versteht und entsprechend verinnerlicht, der wird auch die Geduld und das Durchhaltevermögen aufbringen, um langfristig sein Geld bestmöglich für sich arbeiten zu lassen.
Merken Sie sich deshalb folgenden Satz: "Nur Optimisten kaufen zu früh, Pessimisten kaufen nie!"
Ein wichtiges Ziel in meiner Beratungs- beziehungsweise Coaching-Tätigkeit ist es daher, die Kunden in herausfordernden Zeiten zu motivieren, unseren Grundsätzen zu folgen und zu kaufen, wenn andere die Nerven verlieren und im dümmsten Moment das Handtuch werfen.
Dies ist aber sicherlich eine der größten Herausforderungen in meinem Job, denn während ich in Boom-Zeiten Anleger regelrecht davon überzeugen muss, ihren Risikoappetit im Zaum zu halten, so kämpfe während turbulenten Marktphasen dafür, Ruhe zu bewahren und nach Möglichkeit sogar zuzukaufen.
Warren Buffett hat das mal mit folgendem Zitat sehr treffend auf den Punkt gebracht: "An der Börse neigen Anleger zu kurzen Anlagehorizonten, Häuser dagegen kaufen sie mit einem Anlagehorizont von 30 Jahren und mehr."
Im Kontext des antizyklischen Handelns in Krisenzeiten spielt daher die strapazierte Psyche der Investoren eine wichtige Rolle. Denn wenn die Aktienmärkte kurzfristig mal um 20, 30 oder sogar 40 Prozent eingebrochen sind, verliert eine zunehmende Schar von Anlegern selbst dann die Nerven, wenn sie eigentlich noch risikofähig wäre und nicht verkaufen müsste.
Daher sollten Sie sich vor jedem Investment immer die folgenden drei Fragen stellen und entsprechend beantworten.
1. Wie lange kann man auf sein zur Verfügung stehendes Geld zum Investieren verzichten?
2. Wie viele Verluste kann man zwischenzeitlich vertragen?
3. Über wie viel Geld möchte man am Ende seines ganz persönlichen Anlagezeitraums verfügen?
Mit diesen Fragen möchte ich Ihnen vor allem nochmal ganz klar vor Augen führen, dass das Investieren ein Langzeit-Spiel ist - also dass Ihr Geld mindestens mal für fünf, besser sogar für 10 Jahre in Ruhe für Sie arbeiten sollte, denn wir wissen kurzfristig nicht, wohin sich die Märkte entwickeln werden.