Ich beobachte aber immer wieder, dass sowohl private als auch institutionelle Anleger in Krisenzeiten regelrecht gezwungen werden, ihre Positionen im dümmsten Moment zu liquidieren.
Wenn also täglich oder sogar stündlich neue Horrornachrichten über Zeitungen, Internet, soziale Medien und den Fernseher verbreitet werden, verlieren selbst viele Investoren, die im Grunde nach risikofähig wären, die Nerven. Solche Kettenreaktionen führen aber am Ende des Tages zu einem selbstzerstörerischen Prozess.
Doch erfolgreiches Investieren erfordert gute Nerven und viel Geduld. Wer sich von der Hektik und den Ängsten des Tagesgeschehens anstecken lässt, hat schon verloren. Und vergessen Sie bitte auch den optimalen Einstiegszeitpunkt, denn keiner kennt ihn.
Denn jede Krise mag verschieden sein, was Ursachen, Heftigkeit und Folgen anbelangt. Aber in einem Punkt sind alle Krisen gleich: und zwar ist der Tiefpunkt immer dann erreicht, wenn die Nacht am dunkelsten, die Nachrichtenlage am düstersten ist und die Aussichten am trübsten sind. Denn die Märkte ändern ihre Richtung längst, bevor es die Realwirtschaft tut.
Regel Nr. 1 in Krisenzeiten: Anlagen diversifizieren und Risiko streuen
Selten war die Umsetzung dieser Regel anspruchsvoller als heutzutage. Denn nachdem das Jahr 2022 eine der negativsten Renditen für Portfolios aus Aktien und Anleihen in der Geschichte der Kapitalmärkte gebracht hat, sollten Investoren ihre strategische Vermögenszusammensetzung schnellstmöglich auf den Prüfstand stellen.
Denn der gleichzeitige Rückgang von Aktien- und Anleihekursen sowie die Schwäche des Wohnimmobilienmarktes haben Investoren de facto auf dem falschen Fuß erwischt. Eben jene Korrelationen haben also nicht gehalten, das heißt die Portfolien waren zwar nach wie vor auf verschiedene Anlageklassen verteilt, aber eben nicht mehr diversifiziert.
Denn die Vorzeichen haben sich verändert - der gelernte Reflex der letzten Jahrzehnte, und zwar dass die Zentralbanken schon wieder alles richten werden, gilt nicht mehr. Denn die geopolitischen Spannungen sowie kriegerische Eskalationen bei gleichzeitig bedrohen Staatsschulden und Haushaltsdefiziten in der gesamten westlichen Welt und einer der höchsten Inflationsraten seit den 70er-Jahren sorgen für einen dauerhaften Strukturbruch.
Investoren müssen daher ihre Portfolios auf den Prüfstand stellen. Und hier kommt das Prinzip der bewährten Drei-Speichen-Regel ins Spiel, welche seit mehr als 1600 Jahren für Verlässlichkeit, Sicherheit und ein solides Wachstum steht.
Nach dieser Faustformel beziehungsweise diesem Investitionsfahrplan sollte man ein Drittel seines Vermögens in Land, ein Drittel in Handelswaren und ein Drittel "bar zur Hand" anlegen. Ins Moderne übersetzt hieße das nichts anderes als: ein Drittel in Immobilien, ein Drittel in Wertpapiere und ein Drittel in Edelmetalle.
Man kann sich so ein Anlage-Portfolio auch wie ein Rad mit drei Speichen vorstellen. Je nach Marktlage ist eine der drei Speichen "oben". Schwächeln beispielsweise die Wertpapiere, sind Edelmetalle wie Gold oder Platin und Immobilien gefragt - und daher wertvoller. Befinden sich die Wertpapiere im Steigflug, werden in der Regel die Edelmetalle und Immobilien weniger interessant.
Auf diese Weise balanciert sich das Rad immer neu aus. Die Gewinne auf der einen Seite gleichen eventuelle Verluste auf der anderen Seite wieder aus. Und durch gezielte Käufe und Verkäufe lassen sich die Speichen innerhalb des Rades je nach Bedarf verschieben.
So erhält man nämlich ein stetig wachsendes Vermögen in einem immer neu austarierten Gleichgewicht. Doch obwohl für viele dieses Prinzip auf den ersten Blick eigentlich relativ einfach zu verstehen ist, ist es nicht immer so leicht, den richtigen Zeitpunkt für die Umschichtung beziehungsweise das Weiterdrehen des Rades zu finden.
Und auch die Frage, welches Edelmetall, welche Immobilie, welche Aktie oder welcher Fonds beziehungsweise ETF in das jeweilige Drittel gehört, ist nicht immer ohne Weiteres zu beantworten.
Zwar sind die Zyklen, in denen sich die Bestandteile der Drei-Speichen-Regel verändern, sehr langfristig, doch gerade in der aktuellen Zeit, die von extremer Unruhe und auch Unsicherheit geprägt ist, stehen wir an einem Punkt, an die Räder sprichwörtlich neu justiert werden müssen.
Doch ohne eine Aktienquote von mindestens mal 30 Prozent wird man es kaum schaffen, der hartnäckigen Geldentwertung entgegenzuwirken. Doch Stopp mal – bevor man natürlich jetzt blindlinks irgendwas an Wertpapieren kauft, sollte das Ganze natürlich schon Hand und Fuß haben – und wer nicht mindestens mal fünf bis 10 Jahre auf dieses Geld verzichten kann, weil es in naher Zukunft bereits verplant ist oder als Notgroschen gilt, der kann diese Ersparnisse natürlich auch nicht wirklich für sich arbeiten und auch nicht absichern lassen.
Die Dreh- und Angelpunkte jeder Anlageentscheidung ist daher die Fragen:
1. Wie viel Rendite will ich erzielen?
2. Und wie viel Risiko kann ich ertragen?
Inflationsbereinigt waren bei einer weltweit gestreuten Aktienanlage in den vergangenen 120 Jahren rund 5,3 Prozent Rendite pro Jahr drin – nicht schlecht für einen Markt, der aktuell doch sehr schwankungsintensiv zu sein scheint. Denn in der Summe ist der Kapitalmarkt eben kein Nullsummenspiel.